Konstituierende Sitzung der BVV Oktober 2011

Wohl noch nie war das öffentliche Interesse an der BVV Spandau so groß wie nach der ersten Sitzung der neuen Wahlperiode am 27. Oktober. Nach zwei erfolglosen Wahlgängen des von uns unterstützten SPD-Kandidaten wurde die Sitzung unterbrochen und am 2. November fortgesetzt. Der dann durchgeführte dritte Wahlgang führte schließlich zur Wahl Helmut Kleebanks. Nach 16 Jahren stellt die CDU somit nicht mehr den Spandauer Bezirksbürgermeister. Helmut Kleebank führt ab sofort die Abteilung Personal, Finanzen und Facility Management.

Änderungsantrag der Piraten zur Geschäftsordnung abgelehnt

Die Geschäftsordnung der BVV ist auch in der neuen Wahlperiode gültig. Hierauf einigten sich die Fraktionen von CDU, SPD und GAL. Ein Änderungsantrag der Piraten, sie nur bis zum 30. April 2012 in Kraft zu lassen und dann durch eine neue GO zu ersetzen, wurde mehrheitlich auch von uns abgelehnt. Wir begründeten unser Nein damit, dass es eine gute Tradition ist, die Änderung der Geschäftsordnung nur einvernehmlich mit einer 2/3-Mehrheit vorzunehmen. Die Arbeitsgrundlage der BVV darf nicht als Spielball wechselnder politischer Mehrheiten zur Demonstration der eigenen Stärke genutzt werden.Strukturelle Änderungen, die u. a. die Rechte von Einzelverordneten und Beiräten stärken, sind auch mit der bestehenden Geschäftsordnung möglich. Der Festschreibung als eigenständiges Recht wird von der Zählgemeinschaft angestrebt.

Neuer BVV-Vorsteher: Frank Bewig

Bei der Wahl des/der neuen BVV-Vorstehers/Vorsteherin bestand für die rot-grüne Zählgemeinschaft die Möglichkeit, eine/n eigene/n Kandidatin/en ins Rennen zu schicken. Die Geschäftsordnung sieht vor, dass die BVV „aus ihrer Mitte“ eine Person wählt. Ein Vorschlagsrecht wie bei der Bürgermeisterwahl haben weder die stärkste Fraktion noch eine Zählgemeinschaft.

Als Zeichen der Kooperation entschied sich die Zählgemeinschaft, den von der CDU benannten Kandidaten zu unterstützen und auf einen eigenen Personalvorschlag zu verzichten. Neuer Vorsteher der BVV wurde Frank Bewig (CDU). Zur Stellvertreterin wählten die Bezirksverordneten Gabi Schiller (SPD), Schriftführer wurde Werner Laubsch (CDU), stellvertretender Schriftführer Uwe Ziesak (SPD). Das Plenum der AL hatte der GAL-Fraktion das Mandat erteilt, mit 6 Ja-Stimmen für Frank Bewig zu stimmen.

Unkooperatives CDU-Verhalten: Auszug der Zählgemeinschaft aus der BVV erforderlich

Da unsere Zählgemeinschaft mit der SPD nur über 27 Sitze in der BVV verfügt, war der gemeinsame Bürgermeisterkandidat auf die zugesicherte Stimme des Einzelverordneten der Linken, Dirk Großeholz, angewiesen. Darüber hinaus hatte sich die Basis der Piratenpartei für eine Unterstützung Helmut Kleebanks ausgesprochen, so dass eine klare Mehrheit von 31 Stimmen sicher schien. Dennoch stimmten in den ersten beiden Wahlgängen jeweils nur 27 Bezirksverordnete mit Ja, 27 aber mit Nein. Damit gab es keine Mehrheit – vier Stimmen aus dem eigenen Lager fehlten.

In dieser Situation war eine Sitzungsunterbrechung und Fortsetzung erst im November aus menschlichen und politischen Erwägungen erforderlich. Sowohl die SPD als auch wir standen vor der Situation abwägen zu müssen, ob es politischen Sinn hat, die Zählgemeinschaft fortzuführen. Zusätzlich standen Helmut Kleebank und die SPD vor der Frage, ob ein dritter Wahlgang, ein neuer SPD-Bürgermeisterkandidat oder der Verzicht der SPD auf dieses Amt der richtige Weg ist.

Weit entfernt von jeglichem politischen Anstand forderte die CDU in dieser neuen Lage, über die Sitzungsunterbrechung abstimmen zu lassen. Wieder einmal zeigte die Spandauer CDU damit ihr Politikverständnis, sich mit allen Mitteln – auch mit geheimer Abstimmung in der Hoffnung auf Stimmen von Abweichler/innen – politische Mehrheiten zu sichern. Dieses unwürdige Spiel machte die Mehrheit in der BVV nicht mit. SPD, GAL und der Einzelverordnete der Linken verließen den Saal. Dem neuen BVV-Vorsteher blieb nichts anderes übrig, als die Beschlussunfähigkeit festzustellen und die Sitzung zu beenden.

Die sechstägige Pause wurde von uns intensiv genutzt. In Gesprächen mit der SPD machten wir deutlich, dass die GAL-Fraktion weiterhin zur Zählgemeinschaft und zum gemeinsamen Kandidaten Helmut Kleebank steht. Sowohl für uns als auch für die SPD kam eine andere politische Zählgemeinschaft nicht in Frage – trotz der unsicheren politischen Mehrheit aufgrund der internen Abweichler/innen. Nur Rot-Grün ermöglicht die Umsetzung der vielen politischen Vorhaben, die wir angehen wollen. Helmut Kleebanks Bereitschaft zu einem dritten Wahlgang nahmen wir mit großem Respekt auf – für uns wäre auch eine gegenteilige Entscheidung menschlich nachvollziehbar gewesen.

Kampfansage – droht Spandau eine CDU-Blockade?

Schon vor dem ersten Wahlgang hatte der CDU-Fraktionsvorsitzende Arndt Meißner festgestellt, dass sich die CDU im Recht sieht, den Bezirksbürgermeister zu stellen. In Spandau sei eine BVV-Wahl immer auch eine Bürgermeisterwahl, erklärte er. Als deutliche Drohung war der Satz zu verstehen, dass die CDU im Bezirksamt ihren „Gestaltungsauftrag wahrnehmen“ wird. Wir stellten dagegen fest, dass wir uns im Wahlkampfeindeutig für eine rot-grüne Zusammenarbeit ausgesprochen hatten. Die CDU riefen wir zur fairen politischen Auseinandersetzung und zur Kooperation ohne Blockadehaltung auf.

Die auf verschiedenen Ebenen geführten Diskussionen, wer denn nun das Recht hat, den/die Bürgermeisterkandidaten/kandidatin vorzuschlagen, verdeutlichen vor allem eines: Mehr direkte Demokratie in den Bezirken ist nötig. Unser politisches Ziel bleibt, Bürgermeister/innen und Stadträte/innen direkt von den Bürgerinnen und Bürgern wählen zu lassen.

Bezirksamtsmitglieder gewählt

Ohne Überraschungen verlief die Wahl der übrigen Mitglieder des Bezirksamtes. Stellvertretender Bürgermeister wurde Carsten Röding (CDU). Er erhielt 39 Ja-Stimmen, 12 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen und führt weiterhin die Abteilung Bauen, Planen und Umweltschutz. Zusätzlich ist er für die Wirtschaftsförderung zuständig.

Verantwortlich für die Abteilung Jugend, Bildung, Kultur und Sport ist Gerhard Hanke (CDU). Auf ihn entfielen 35 Ja-Stimmen, 14 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen.

Der zweite SPD-Stadtrat im Spandauer Bezirksamt heißt Stephan Machulik. 43 Bezirksverordnete stimmten für ihn, 11 dagegen. Stephan Machulik leitet nun die Abteilung Bürgerdienste und Ordnung.

Der ehemalige BVV-Vorsteher Jürgen Vogt ist neuer Stadtrat für Soziales und Gesundheit. Jürgen Vogt erhielt 37 Ja-Stimmen, 13 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen.

In der Presse wurde anhand der Stimmenverhältnisse spekuliert, ob Helmut Kleebank mit 30 Ja-Stimmen ein geschwächter Bezirksbürgermeister sei, da er die geringste Unterstützung erhielt. Bei solchen Gedankenspielen sollte man sich allerdings klarmachen, dass das Amt des Bezirksbürgermeisters am stärksten polarisiert und daher lagerübergreifende Zustimmung sehr unwahrscheinlich macht. Auf der anderen Seite sind die 43 Ja-Stimmen für Stephan Machulik kein Beleg für seinen politischen Einfluss oder gar seine Macht im Bezirksamt. Sie sind als Vertrauensvorschuss und als Signal der CDU zu verstehen, einem neuen Stadtrat die ihm zustehende Chance zu geben.

Über die Stimmenvergabe der GAL-Fraktion hat im Rahmen des imperativen Mandats das Plenum der AL entschieden. Für die SPD-Kandidaten Helmut Kleebank und Stephan Machulik gab es jeweils 6 Ja-Stimmen. Auf Carsten Röding entfielen 4 Ja-, 1 Nein-Stimme und 1 Enthaltung; auf Gerhard Hanke 3 Ja-, 1 Nein-Stimme und 2 Enthaltungen und auf Jürgen Vogt 1 Ja, 2-Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen.

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